Fragen zu
diesem Thema?

Die Prominenz im Haus -
der Zuchtkater

Unter allen Aspekten der Katzenzucht ist das Thema "Zuchtkaterhaltung" wahrscheinlich das heikelste. An der Frage, ob und wie man einen unkastrierten Kater halten kann, scheiden sich die Geister.

Probleme tun sich auf
Das alles beherrschende Problem heißt "Katerduft". Grundsätzlich nämlich beginnt jeder vorher stubenreine Kater nach Eintritt der Geschlechtsreife (zwischen dem 7. und 24. Lebensmonat) plötzlich, sein Revier, seinen Besitz und das, was er dazu machen will, geruchlich zu markieren. Das tut er nicht aus Bosheit oder Übermut, sondern weil die Natur ihm dies so vorschreibt. Alle möglichen Ecken, Kanten und Gegenstände, die er für wichtig hält, auch Taschen oder Kleidungsstücke von Besuchern, besprüht er mit Urin, dem eine typische Duftkomponente beigefügt ist: Für Katzen eine "Stille Post", die Menschennasen schrecklich stinkt! Was nun? Verbieten oder abgewöhnen kann man ihm sein instinktiv bestimmtes Verhalten nicht. Will man ihn weiterhin als "Vollkater" halten (d. h. nicht kastrieren lassen), bleibt scheinbar nur eine gesonderte Unterbringung, — und damit beginnen für die meisten Kater traurige Zeiten. Ein Zuchtkater, der in der Obhut seines Eigentümers aufgewachsen ist, betrachtet sich als Familienmitglied. Inbegriff des Glücks ist es für ihn, eine Liebkosung zu erhalten oder ein zärtliches Wort zu hören. Wenn er eines Tages aus der Familie ausgeschlossen wird, entwickelt er sich zu einem unausgeglichenen und verdrossenen Tier. Er wird charakterlich instabil und vielleicht sogar aggressiv. Der erste Mensch, gegen den er sich wendet, wird sein Besitzer sein, von dem er sich verraten fühlt. Im Nu verwandelt sich das fügsame und zärtliche Jungtier in einen "Beißer", nicht allein gefürchtet von seinem Besitzer, sondern auch von Juroren und Stewards, die mit ihm auf Ausstellungen zu tun haben. Weil es ein Maximum an Zeit und Zuwendung erfordert, räumlicher Voraussetzungen bedarf und zusätzliche Arbeit bedeutet, einen Zuchtkater ordentlich zu halten, sind nur wenige Züchter dazu bereit. Damit der Zuchtkater nicht nur gesund, sondern auch zufrieden leben kann, muss sein Eigentümer außerdem vor allen Dingen auch genügend Fachwissen besitzen sowie Einfühlungsvermögen in die Psyche seines Katers. Nur mit sehr viel Katzenliebe wird der Halter es auf Dauer fertigbringen, all die kleinen und großen Opfer im täglichen Leben zu bringen, die mit der Haltung eines Zuchtkaters verbunden sind.

Gute Wohnbedingungen
Die Unterbringung des Katers ist das A und 0 der Haltung. Auf keinen Fall zulässig wäre es, den Kater im Bad einzusperren, weil das leicht zu reinigen ist, .ihn in einen Kellerraum, in die Garage, im Schuppen oder gar in einen kleinen Käfig einzuschließen, bloß damit der Geruch seines Urins nicht die ganze Wohnung verpestet. Wie jede Katze hat auch ein spritzender Kater Anspruch auf eine gemütliche, taghelle warme Wohnumgebung, auf Kontakt mit Menschen Lind Artgenossen, auf Bewegungsfreiheit und Abwechslung. Wo nicht vorhanden, sind schwere Neurosen, Krankheit und sogar früher Tod die Folgen. Glücklicherweise kommt aber nur selten jemand auf die verwerfliche Idee, durch "Intensivhaltung" mit Katzenzucht Geld machen zu wollen. Versuche werden meistens ziemlich schnell aufgegeben, weil die Natur der Katze dem entgegensteht.

Das Katerhaus
In der Praxis als machbar erwiesen, wenn auch nicht unumstritten, ist das sogenannte "Katerhaus". Das ist ein extra auf dem Grundstück errichtetes Häuschen, lüftbar, mit Fenstern, Heizung und Zugang in ein sicher verdrahtetes Freigehege. Der Innenraum enthält mindestens zwei getrennte, aber einander zugängliche Abteilungen. Die größere ist der Aufenthaltsraum des Katers, die kleinere dient der Aufnahme einer zwecks Paarung zugeführten Kätzin. Das Katerhaus ist mit Kletter- und Kratzbaum, Sitz-, Lauf- und Liegebrettern, Decken, Polstern und Schlafnestern ausgestattet. Die Oberflächen müssen leicht zu reinigen und zu desinfizieren sein, die Textilien waschbar oder zur einmaligen Benutzung bestimmt. Ein Vorrats- und Arbeitsraum mit fließendem Wasser und Miniküche wäre wünschenswert. In dieser Pracht darf man jedoch den Kater nicht isoliert leben lassen. Wenn er nicht gerade "Damenbesuch" hat, sollte er mindestens eine(n) Kastrat(in) zur Gesellschaft bei sich haben, mit der (dem/denen) er sich gut versteht. Mehrere unkastrierte Kater kann man in der Regel nicht zusammen halten, da sie natürlicherweise rivalisieren und zu kämpfen beginnen. Kann der Unterlegene nicht entweichen, entsteht krankmachender Dauerstress für beide. Dazu sollte es nie kommen: In England ist die Unterbringung in solchen Häuschen für Zuchtkater und -katzen üblich. Die Vorteile sind die sauber bleibende Wohnung des Halters und die leichter durchzuführende Reinigungs- und Desinfektionsroutine. Die Nachteile liegen für jeden, der seine Katzen liebt, auf der Hand: Man hat die Lieblinge nicht um sich. Die Katzenzucht ist nicht mehr ganz Bestandteil des eigenen Lebens, sie ist ein Hobby "draußen im Garten", zu dem man sich extra hinbegibt. Die Nachteile für die Katzen sind als Folgen der "Trennung von Tisch und Bett" eine gewisse Entfremdung, die man auch bei maximaler Zeitaufwendung im Katzenhaus nicht leugnen kann, und die im Extremfall in Menschenscheu oder gar Verhaltsstörungen münden kann.

Gewohnheit soll helfen
Da ich selbst die "Katerhausmethode" nicht für akzeptabel halte, fällt es mir schwer, Empfehlungen zu formulieren, wie man es am besten bewerkstelligen könnte, einen geschlechtsreif werdenden Jungkater "schonend" auszuquartieren, ohne dass er seelischen Schaden nimmt. Die bekannte britische Züchterin von Devon und Cornish Rex Katzen ("Annelida"), Richterin und Autorin Alison Ashford empfiehlt: „Im Idealfall sollte der Kater im Alter von sechs Monaten jeden Tag einige Stunden in seinen neuen Räumen verbringen, und diese Zeit sollte man ihm stets so angenehm wie möglich machen." Weiterhin hält sie die Einhaltung einer täglichen Routine für wichtig, um den Bewohnern des Katzenhauses das Gefühl der Geborgenheit zu vermitteln. Sie schreibt: „Der Ablauf der täglichen Routine ist für den Zuchtkater ebenso wichtig wie für den Besitzer, da dies ein Gefühl von Kontinuität und Wohlbefinden vermittelt. Zusätzlich zu der täglichen Säuberung des Katerhauses und des Schlafkastens braucht der Zuchtkater regelmäßige Körperpflege und danach eine bestimmte Zeit, in der Sie mit ihm spielen und ihn streicheln. Meine eigenen Zuchtkater freuten sich stets am meisten, wenn wir Gäste hatten, zumal alle Gäste eingeladen wurden, sich zu ihnen hinaus zu begeben: die Kater warteten dann schon ganz begierig darauf, endlich an der Reihe zu sein, um gestreichelt und liebkost zu werden. Mitunter hört man von 'heimtückischen' Zuchtkatern, die man nur mit Lederhandschuhen anfassen kann, und die es zweifellos auch gibt. Ich glaube jedoch ganz sicher, dass in den Fällen, da der Besitzer eine gute Beziehung zu seinem Tier aufgebaut hat, solch eine Situation nicht eintritt, es sei denn, der Kater ist krank oder frustriert." Gewiss hat Frau Ashford zu ihren Katern eine positive Beziehung. Mir persönlich wäre es allerdings nicht recht, meine Katzen wie Zootiere zu halten und vorzuzeigen.

Mit dem Kater in der Wohnung
Der Idealzustand ist ein friedliches Zusammenleben des Zuchtkaters mit seinen Katzen und der Menschenfamilie. Ob und wie das machbar ist, hängt ganz wesentlich vom Charakter und vom Temperament des Katers ab, von den wohnlichen und. familiären Gegebenheiten des Züchters und seiner Bereitschaft, seinen Katzen zuliebe gewisse Zugeständnisse zu machen. Am Beispiel meines inzwischen zwölfjährigen Kartäuserkaters möchte ich darstellen, dass es durchaus möglich ist, ,einen unkastrierten Kater in der Wohnung zu halten. Er stammt aus eigener Zucht und wuchs in eine Katzenfamilie mit Mutter, Tante, Onkel (Kastrat), Großmutter, Cousine und Cousin hinein. Meiner Katzen "Heim erster Ordnung", d. h. Rückzugsgebiet, Schlaf- und Eßraum ist seit jeher mein Arbeitszimmer im zweiten Stockwerk unseres großen Einfamilienhauses. Tagsüber steht die Tür gewöhnlich offen oder wird auf Wunsch geöffnet, so dass das ganze Haus zugänglich ist. Nicht nur von mir gehätschelt und bewundert, auch von den großen Katzen geleitet und bewacht wuchs der Kater langsam heran. Erst mit zwei Jahren begann er als Spätentwickler, sich für das weibliche Geschlecht zu interessieren. Und das gleich so vehement, dass er dabei auch sofort anfing, alles mögliche im Haus, am liebsten Decken und Kissen, auch Federkernpolster, "einzuweichen"! Mit seinen Vorgängern im "Amt des Katzenchefs" hatten wir dergleichen Erfahrungen bereits gemacht und jedes Mal ziemlich bald auf Kastration entschieden, weil wir einerseits den Kater nicht wegsperren, andererseits nicht einfach zusehen wollten, wie er mit ziemlicher Geschwindigkeit die halbe Einrichtung ruinierte. Man muss wissen, dass Katerurin so scharf ist, dass Lack blind wird und so intensiv riechen kann, dass eine einfache Wäsche zur Beseitigung des Geruchs nicht ausreicht. Nun hatten damals einige befreundete Züchter, die dieselben Probleme mit ihrem heißgeliebten Kater hatten, ausgezeichnete Erfahrungen mit der Hilfe ihres Tierarztes gemacht. Der verabreichte dem Kater eine leichte hormonelle Dämpfung mittels Injektion. Das Präparat der Wahl hieß damals "Tardastrex", heute gibt der Veterinär das neue Mittel "Covinan". Die Wirkung ist wunderbar und unerwünschte Nebenwirkungen gibt es normalerweise nicht. Ohne dass die Zeugungsfähigkeit verlorengeht, lässt die übersteigerte sexuelle Aktivität nach, der Kater benimmt sich "manierlich", - jedenfalls meistens. Nur selten, z. B. wenn eine rollige Katze anwesend ist, verteilt er sein "Parfum", - dann muss man eben gleich wischen. Nicht nötig ist es, den Kater ständig und lebenslang "unter Drogen" zu halten. Das wäre sicher schädlich und ist auch gar nicht erforderlich. In der Regel genügt es, in den ersten Jahren jeweils zur "Hauptsaison", d. h. im zeitigen Frühjahr, eine Spritze verabreichen zu lassen, damit er weitgehend "stubenrein" bleibt. Später ist die Hormonspritze überhaupt nicht mehr notwendig. Es scheint, dass er seine unerwünschte Markierungstätigkeit vergessen hat, bzw. sie vorzugsweise in der Katzentoilette ausübt.

Familienplanung
Wenn der Kater ständig mit den Katzen zusammen ist, würde es natürlich immerzu Katzenbabies geben, wenn man nicht höllisch aufpasste, und das ist eigentlich nicht zu gewährleisten. Immer merkt es der Kater früher als der Mensch, wenn eine Katze rollig wird, - und ruck zuck - ist es "passiert"! Damit jede Kätzin nur einmal jährlich Kinder bekommt, geben ich ihnen phasenweise die Pille zur Rolligkeitsunterdrückung (1 Tabl. "Perlutex" pro Woche). Meine Katzen vertragen diese Methode der Familienplanung ausgezeichnet und danken es mit einem harmonischen Sozialverhalten. Der Kater als Chef der Katzenfamilie ist selbstverständlich immer präsent. Sogar bei Geburten darf er anwesend sein und tröstend- der Katzenmutter die Ohren lecken, wenn sie es schwer hat. Später bewacht er seine Kinder fürsorglich, spielt mit ihnen und zeigt ihnen den Weg durchs Haus. Er gehört dazu und erfreut uns alle mit seiner Freundlichkeit, seiner würdevollen Schönheit und seiner selbstverständlichen Anwesenheit. Ihn in ein Gartenhaus abzuschieben - undenkbar!

Andere Lösungen
Die meisten mir bekannten Züchter halten es ähnlich wie ich. Nicht jeder aber ist mit der "chemischen Keule" einverstanden, sei es, weil bestimmte Katzen Spritze oder Pille nicht vertragen, sei es aus grundsätzlichen Erwägungen hinsichtlich Medikamenten schlechthin. Wer nicht täglich allzu lange von zu Hause fort ist, bringt dann seinen Kater zusammen mit Kastrat(inn)en in einem gemütlich eingerichteten Katzenzimmer unter, um sie dann unter Aufsicht in der Wohnung herumtollen zu lassen. Entweder aufmerksam mit dem Putzlappen in der Hand dem Guten folgend oder aber, und das soll tatsächlich möglich sein, der Kater trägt zur Spielzeit Höschen mit "Windeln"!

Der endgültige Ausweg
Wer sich für keine der Lösungen entscheiden kann, wer sich nicht mit einem trotz allen Putzfleißes ständig in der Luft hängenden Katerdüftchen abfinden mag oder wessen Kater ganz einfach nicht "mitspielt", der sollte die für seinen Kater beste Lösung wählen: ihn kastrieren lassen. Auch derjenige Kater, der vorher gespritzt hat "wie die Feuerwehr", wird daraufhin früher oder später wieder stubenrein. Das darf man natürlich nicht von heute auf morgen erwarten. Ein paar Wochen zur körperlichen Umstellung und Veränderung der täglichen Gewohnheiten muss man ihm schon lassen!

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